Karlheinz Böhm


Engagierter Kämpfer gegen den Hunger: Karlheinz Böhm
Karlheinz Böhm ist der liebenswerte Kaiser Franz-Josef an der Seite von Romy Schneiders "Sissi". Mit Romy verkörpert er das brave, saubere Idol der 50er Jahre und dann überrascht er 1960 als gefährlicher psychopatischer Mörder in Michael Powells "Peeping Tom". Doch auch hier ist Böhm nicht das Böse schlechthin, sondern das Opfer: Die Kindheit, der permanente psychische Terror des Kindes haben ihn zum Ungeheuer gemacht, das der Kinozuschauer bedauern kann wie Boris Karloff als Frankensteins Monster in James Whales poetisch schönen Horror-Filmen.

Der Schauspieler ist in Dresden aufgewachsen und mit den Eltern früh nach Hamburg gezogen. Dort besucht er Volksschule und Gymnasium. Ein gefälschtes ärztliches Attest hilft ihm 1939 zur Ausreise, in der Schweiz besucht er ein Internat. 1946 zieht er mit seinen Eltern nach Graz, dort macht er im selben Jahr das Abitur. Er studiert Angelistik und Germanistik, anschließend in Rom Kunstgeschichte. 1948 ist er in Wien Regieassistent von Karl Hartl, er nimmt Schauspielunterricht bei Albin Skoda und Helmuth Krauß, es folgt sein erstes Engagement am Burgtheater, von 1949-1953 ist er Ensemble-Mitglied des Theaters in der Josefstadt.

1948 beginnt seine Filmlaufbahn bei Karl Hartl: Böhm ist Regieassistent und spielt eine kleine Rolle, auch 1952 im "Haus des Lebens". Bereits sein nächster Film verdient Aufmerksamkeit, nicht wegen des Sujekts - es geht um Hanns Heinz Ewers Schauerroman "Alraune" (1952) - sondern wegen der Besetzung: Hildgard Knef als Alraune, Erich von Stroheim als Wissenschaftler, der sie erschafft.

Böhm hatte sich für die Rolle des jungen Frank Braun, der sich in das geheimnisvolle Wesen verliebt, beworben, war jedoch bei den Probeaufnahmen durchgefallen. Doch der Knef gefiel sein Gesichtsausdruck, sie überredete Regisseur Arthur Maria Rabenalt und Produzentin Ilse Kubaschewski.

Der Film fiel durch, für Böhm jedoch bahnte sich ein Erfolg an. Noch im gleichen Jahr spielt er neben Gertrud Küchelmann in "Weibertausch" von Karl Anton, 1953 bei Viktor Tourjanski in "Salto Mortale", beim gleichen Regisseur ist er dann Partner von Johanna Matz in dem Erfolgsfilm "Arlette erobert Paris" (1953).

Wieder bei Rabenalt spielt den Dorfschullehrer, der ein musikalisches Genie ist in der erfolgreichen Schnulze "Der unserbliche Lump" und in "Die Sonne von St. Moritz" (1954) einen Arzt zwischen zwei Frauen. Karlheinz Böhm ist jetzt der Held und Liebhaber Nummer Eins von Ulla Jacobsson in "Und ewig bleibt die Liebe" (1954) und in "Die heilige Lüge" (1955). Regie führt bei beiden Filmen Wolfgang Liebeneiner. Danach spielt in Johannes Mario Simmels "Die Hexe" (1954) unter der Regie von Gustav Ucicky, neben Sonja Ziemann in "Ich war ein häßliches Mädchen" (1955) von Wolfgang Liebeneiner, mit Maj Britt Nilsson in "Schwedenmädel" (1955) von Thomas Engel und Eva Bartok, in Josef von Bakys "Dunja" (1955), dem Remake von Puschkins "Postmeister" (1955) mit Walter Richter in der Heinrich-George-Rolle.

Mit Ernst Marischkas "Sissi"-Filmen gibt es das neue Liebespaar im deutschen Film: Romy Schneider und Karlheinz Böhm. Was und mit wem Böhm danach auch immer dreht: die Romy fehlt. Da können weder die attraktive Martine Carol - in Ralph Habibs "Nächte auf Tahiti" (1957), die liebenswerte Hannerl Matz in "Man müßte noch mal zwanzig sein" (1958) und in "Das Dreimäderlhaus" (1958) noch die femme fatal Jayne Mansfield in "Zu heiß zum Anfassen" (1959) von Bond-Regisseur Terence Young helfen.

Und mit dem Skandal um "Peeping Tom" (1959) von Michael Powell, der einhellig boykottiert wird - um 20 Jahre später als Meisterwerk gefeiert zu werden - beginnt auch der Abstieg von Karlheinz Böhm, nur bei Disney in Hollywood und in Frankreich ist er noch gefragt, bis Rainer Werner Fassbinder den einstigen Star des deutschen Kinos zurückholt. In Filmen wie "Effi Briest" (1972-74), "Faustrecht der Freiheit" (1974), "Mutter Krauses Fahrt zum Himmel" (1975). In den 70er Jahren spielt Böhm in mehr als einem Dutzend Fernsehfilmen, darunter auch Fassbinders "Martha" von 1973.

Ab 1976 spielt Karlheinz Böhm wieder mehr Theater. Mit seinem Engagement für Äthiopien und die hungernden Menschen dort, seine Stiftung "Menschen helfen Menschen", hat er ein anderes Betätigungsfeld gefunden. Für dieses Engagementmacht er Werbeauftritte in Fernsehshows und veröffentlicht das Buch "Nagaya - ein Dorf in Äthiopien". 1983 erhält er das "Filmband in Gold" für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film.